Irgendwann im Jahre 2012 fing alles an. Einer meiner Leute mit denen ich immer fahren gehe hatte sich über Skype mit einem Freund, den er über Kawasaki-Foren-Treffen kannte darüber unterhalten wie schön es doch mal wäre über das Stilfser Joch mit dem Motorrad zu fahren. Mit 2757 m ü NN der zweithöchste alphaltierte Gebirgspass der Alpen, insgesamt über 80 Kehren. Nach einigen Youtube-Videos, speziell Anfahrten zum Karerpass, Mendelpass oder aber das Stilfser Joch, stand fest dass wir da hin müssen. Und zwar schon im kommenden Sommer. Die Gruppe setzte sich aus 5 Leuten zusammen. 3 Ninjas mit unterschiedlichen Hubräumen von 636 bis 900 ccm, eine R6 und meine Wenigkeit. Das größte Problem was während der Planung auftreten sollte, war der Transport von 5 Maschinen über 1000 km Anreisestrecke. Jeder der ein Sportmotorrad fährt weiß, dass man relativ entspannt vielleicht 300 km auf der eigenen Karre abspulen kann. Von jeder Menge Benzinkosten ganz zu schweigen.
Nach einigen vergeblichen Versuchen Anhänger und Autos mit Anhängerkupplungen zu organisieren haben wir uns das auch ganz schnell wieder aus dem Kopf geschlagen. Auch der DB-Autozug hätte mit ca. 1700€ unser Budget überlastet. Schließlich stießen wir auf ein Angebot vom Bikertransit in Leverkusen. Die haben mehrere Stationen, wo man die Transporter abholen und abgeben kann und das Ding sah so wie wir das auf einer Messe gesehen haben vielversprechend aus. Ein großer Vorteil ist, dass man ihn mit einem B-Führerschein fahren kann und (nach Rücksprache) 5 Motorräder drauf passen sollten. Wir haben uns dann entschieden von Leverkusen nach Sölden zu fahren, dort den Transporter abzugeben und den restlchen Weg nach Leifers/Bozen auf den Bikes zu bewältigen. Denn eine Unterkunft hatten wir bereits: Camping Steiner in Leifers. Eine einfache Holzhütte für 5 Personen. Von dort aus sollten Tagestouren gestartet werden, jeder der 5 war für einen Tag verantwortlich.
Der 9.8.2013: Einen Tag zuvor haben wir die ZX-6R und die ZX-7R sowie meine kleine auf den Transporter in Leverkusen geladen und über Nacht in Bochum geparkt. Am Abfahrt-Tag stieß gegen 18 Uhr die blaue R6 zu uns und nach dem Beladen ging die Reise Richtung Landshut los, wo wir die ZX-9R einsammeln wollten. Das war etwa um 20:30. Ankunft in Landshut war ca. 5:00 morgens, wo wir mit Fleisch und Würstchen vom Grill begrüßt worden sind. Danach das rote Ungetüm verladen und weiter nach Sölden.
Von Sölden ging es also auf den Bikes weiter. "Die Anfahrt zum Campingplatz ist schon ganz nett". Es hatte sich nur einer die Anfahrt genau angeguckt und dieser neigt anscheinend zu maßlosen Untertreibungen. Unsere Route führte über das Timmelsjoch, etwa 2500 m ü NN. Der erste halt an der Mautstelle bot schon eine sagenhafte Aussicht:
Das, in Kombination mit der Erkenntnis, dass es hier anscheinend NUR Kurven gibt, hat uns regelrecht geflasht. Hinter der Mautstelle fahren wir also den Berg runter, vorbei an Wasserfällen, durch Tunnel, Weidevieh am Straßenrand. Und die Gashand kann sich kaum noch zurückhalten. Von der starken Übermüdung ist nichts mehr übrig. Kurz vor unserem Ziel schlägt die Erschöpfung dann aber noch einmal zu, wir haben es aber trotzdem alle sicher zu unserer Hütte geschafft:
Die blauen Motorräder bekamen das Elternschlafzimmer und die Kawasakis teilten sich das Kinderzimmer mit dreifach Stockbett. Nicht luxoriös, aber wir sind hier nur zum schlafen, oder aber aöuf der Veranda. Immerhin gab es eine Kochstelle, sowie Dusche und WC.
Am 11.8 stand unsere erste Tour an. Wir sind von Leifers Richtung Süden, über eine sensationelle Straße durch den Wald hoch zum Karerpass. Im Augenwinkel sahen wir plötzlich einen See am Straßenrand, welchen wir natürlich fotografisch festhalten wollten. Das ist übrigens oben in meinem anderen Beitrag das dritte Bild. Das habe ich nicht von einer Postkarte abfotografiert
. Danach folgte der Karerpass. Man hat nur noch ein Grinsen unter dem Helm. Weiter einmal rum um die Boespitze und dann Mittagessen. Wir sind uns alle einig. Das ist nicht normal, was einem optisch und Straßen-mäßig geboten wird. Nach ein paar weiteren Stunden auf der Landstraße, sind wir nach ca. 200km wieder daheim. Bier auf, Veranda.
12.8: Ich habe meine Kamera in der Hütte vergessen. Die Route ist vielversprechend. Mendelpass -> Tonalepass -> Gaviapass -> Stilfser Joch. Der Mendelpass ist das sagenhafteste was man überhaupt mit dem Motorrad fahren kann. Wer es nicht kennt sollte das mal bei youtube eingeben, oder noch besser: HINFAHREN! Und zwar unbedingt. Es wird auf dem Passo Tonale nicht unbedingt schlechter und kurz vor dem Gaviapass halten wir kurz. Für LKW gesperrt, max. 30 kmh. Naja, versuchen wir es mal mit ca. 80. Es stellte sich schnell raus dass das nicht geht. Die Straße ist so eng und kurvig, dass wir uns mit unseren Supersportlern fehl am Platz fühlen. Da kommt einem plötzlich ein Wohnmobil entgegen und man ist froh, dass man Motorrad und nicht Auto fährt. Weiter die Straße rauf, werden die anderen Verkehrsteilnehmer immer weniger, es ist auch richtig anstrengend durch enge Kehren zu fahren, auf schlechter Straße, bei dünner Luft. Wir halten in einer etwas größeren Kehre und blicken auf einen Gebirgssee herab. Wir alle haben den gleichen Gedanken: "Hier oben kommt nicht jeder hin". Es hatte was richtig abenteuerliches. Dagegen war das Stilfser Joch im Anschluss regelrecht langweilig. Nur kehren und bloß nicht die Drehzahl unter 4000 fallen lassen. Mit den alten Vergasern, aber auch mit meiner frühen Einspritzung muss man da richtig Ackern um vorwärts zu kommen. Der Rückweg ist relativ direkt, nachdem wir uns oben auf dem Pass eine Pizza gegönnt haben, weil wir mit unseren Kräften am Ende sind.
Schon beim verladen haben wir bei der R6 eine siffende Gabel entdeckt und das, obwohl die Simmeringe neu sein sollten. Oben auf dem Pass haben wir dann etwas Öl am Vorderreifen gefunden. Der Kollege ist dann so vorsichtig gefahren, dass er die Karre in einer Kehre quasi im Stand hingelegt hat. Nichts passiert, aber das mit der Gabel muss geregelt werden.
13.8: Wir brauchen einen Tag Pause. Bilder sagen mehr als tausend Worte. Prost
Die R6 ist den ganzen Tag unterwegs um eine Yamaha-Werkstatt zu finden, die nicht Sommerferien hat. Erfolglos.
14.8: Meine Route ist dran und es hat Nachts geregnet. Die Berge fangen an es auszudünsten und es ist wolkig. Meine Route ist sehr ähnlich wie die erste, allerdings nehmen wir das Sellajoch mit am Piz Boe und fahren in die entgegengesetzte Richtung im Vergleich zum Sonntag. Mein Schwager, der gerade eine Tour an der französischen Südküste hinter sich hat und quasi auf dem "Rückweg" ist stößt zu uns und ersetzt für diesen Tag die R6. Eine Minzgrüne Ducati Monster fällt auf zwischen den Supersportlern, auch akustisch. Auf dem Weg zum Sellajoch halten wir noch einmal an dem Postkarten-See. Heute in anderem Gewand:
Das Wetter hat sich dann aber glücklicherweise gebessert:
Als wir abends ankommen ist die R6 weg. Ein gutes Zeichen. Wir haben uns also auf die Veranda gesetzt und gewartet. Eine Rennsport-Werkstatt in Brixen hat sich letztendlich um die R6 gekümmert und noch dies und das was nicht so 100%ig war repariert und eingestellt. Grund für die siffende Gabel: Der Simmering wurde schon beim einsetzen zerstört (kein Spezialwerkzeug) und das Öl wurde auch nicht gewechselt. Man muss aufpassen wo man sein Moped hin gibt. Deswegen mache ich lieber alles selber soweit es geht.
Fortsetzung folgt...